Diagnose: FOMO – “Fear of missing out” (Satire)

Was ist FOMO?

“Fear-of-Missing-Out” kurz (“FOMO”) ist der Überbegriff für eine heimtückische Krankheit. Sie drängt die Betroffenen in wiederkehrenden Schüben (genannt “Pumps”) zu unüberlegten Investitionsentscheidungen, meist im Umfeld von Kryptowährungen. FOMO gehört daher auch zur Gruppe der Kryptokrankheiten. Nicht zu verwechseln mit “Blockfoliotitis” (auch “Obsessive Cryptochecker Disorder”, OCD genannt). Eine weitere Krankheit, die zur Gruppe gehört, ist “FOCO” (“Fear-of-Cashing-Out”): die Angst Gewinne mitzunehmen, weil man potentielle weitere Kursteigerungen gegenüber dem Euro verpassen würde.
FOMO ist eine weltweit verbreitete Krankheit, die komplette Kryptolaien und erfahrene Kryptotrader gleichermaßen befällt.

FOMO: Symptome

Das Krankheitsbild des FOMO-Syndroms nimmt viele Ausprägungen an. Es tritt in verschiedenen Phasen ein, die unterschiedlich schnell durchlaufen werden. Zumeist lassen sich die folgenden Symptome beobachten:

Anfangsstadium

  • Im Anfangsstadium merken Betroffene zunächst noch nicht viel und reden sich ein: “Das ist nur Hype, das ist bald vorbei. Redet ja jetzt auch keiner mehr von ‘Second Life'”.
  • Typisch für das Anfangsstadium ist, dass der Nerd aus dem erweiterten Umfeld des Betroffenen, der Millionen mit Bitcoin gemacht hat, noch belächelt wird (“Der wird sich schön wundern, wenn die Blase unweigerlich platzt”).
  • Anfangs schränkt die Krankheit die Betroffenen noch nicht wirklich ein. Sie verläuft zunächst etwa wie ein Schnupfen, der zwar lästig, aber bald vorüber ist.
  • Begleitet wird diese Phase von “sich-auf-die-Schulter-Klopfen”, wenn die Massenmedien in regelmäßigen Abständen berichten, dass die Bitcoin & Co Kurse aktuell um 30 % eingebrochen seien.

Übergangsphase (auch “Denial-Phase” genannt)

  • Diese Phase wird zu einem Zeitpunkt diagnostiziert, an dem Betroffene Dinge denken oder sagen wie:
    • “Was? Bitcoin gibt’s immer noch?”
    • “Ich dachte, der CEO wurde verhaftet?”,
    • “Wurde das nicht erst neulich gehackt?”
    • “Das ist doch ein Schneeballsystem!”
    • “Das hat keinen intrinsischen Wert wie zum Beispiel Gold!”
    • “Was ist mit der Energieverschwendung der Miner?”
    • “Man kann doch nicht aus dem Nichts Wert erschaffen!”
    • “Kann doch jeder den Code kopieren und seine eigene Währung machen.”
  • Betroffene scheinen zu ahnen, dass sich die Krankheit zu einem chronischen Leiden entwickelt. Denn sie fangen vereinzelt an, sich zum Thema Blockchain und Kryptowährungen zu informieren. Zu diesem Zeitpunkt ist eine Behandlung noch möglich, indem das Einmaleins der seriösen Geldanlage (Tages / Festgeld, Indexfonds) wieder ins Gedächtnis gerufen wird. Viele schaffen aber den Absprung nicht und rutschen von der Investition in die Spekulation ab.

FOMO-Stufe 1 (auch Informationsphase)

In dieser Phase ist die Krankheit bereits ausgebrochen. Betroffene lesen Whitepaper (manchmal gleichzusetzen mit Marketingpräsentationen) von Blockchainprojekten durch, melden sich zu diversen Gruppenchats und Subreddits an, um nichts zu verpassen (“Missing-Out”). In der Regel wird der Nerd aus dem Anfangsstadium zu Rate gezogen (“Ist jetzt ein guter Zeitpunkt zu kaufen?”).

In FOMO-Stufe 1 werden Konten bei Coinbase, Bitpanda & Co. eröffnet und die ersten Kryptowährungen gekauft. Betroffene, die die Informationsphase überspringen, eröffnen stattdessen oft ein Konto bei etoro.

Für einen sehr geringen Teil der FOMO-Leidenden reicht der Kauf der ersten Kryptowährung aus, um die Krankheit in Schach zu halten. Man spricht von “FOMO-Remission”, die bis hin zur vollständigen Genesung führen kann. Rückfälle sind aber nicht auszuschließen.

FOMO-Stufe 2

Selbstdiagnose: Wenn Sie sich oft wie der rote Bär fühlen, sind Sie definitiv in FOMO-Stufe 2

  • Die Gewinne der in Stufe 1 gekauften ersten Kryptowährung (meist Bitcoin oder Ethereum oder beides) reichen nicht mehr aus. Schliesslich hat der Typ aus der Crypto-Whatsapp Gruppe mit [INSERT-LATEST-PUMP]-Coin gerade seinen Einsatz in einem Monat verzehnfacht.
  • Meist erfolgt in dieser Phase die Eröffnung eines Binance-Kontos. Dort gibt es die größte Auswahl an Coins außerhalb der Top 50 auf coinmarketcap.com.
  • Ebenfall typisch für diesen Phänotypen ist, dass die Anzeichen der Blase zunehmend ausgeblendet werden.

FOMO-Endstadium

  • IOTA, Nano, Verge, Ripple, Stellar Lumens, NEO… Jeder Coin, der gepumpt wird, wird gekauft. Recherche über langfristigen Nutzen oder das Team eines Coins gerät in den Hintergrund. Meist reicht für die Kaufentscheidung ein Youtube-Video oder der “Tipp” von jemandem, der jemanden kennt, der schon einmal an einem Kryptomillionär vorbeigegangen ist.
  • Betroffene schließen das Browser-Fenster von Coinmarketcap.com, nur um es fünf Sekunden später wieder zu öffnen (oft ohne es zu merken).
  • Die “jetzt halte ich sie aber wirklich ein Jahr wegen der Steuer”-Einstellung wird komplett über Bord geworfen.
  • In der Regel sind Betroffene inzwischen bei bis zu einem halben Dutzend verschiedener Kryptobörsen angemeldet, weil es den obskuren Coin, “der offensichtlich die Welt verändern wird”, nur auf dieser einen Börse in Südkorea gibt.

Ab Stufe 2 kommt es meist zu einer Kreuz-Reaktion mit der sogenannten “Blockfoliotitis”. und dem “Coinmarketcap-Reload-Disorder”.

Behandlung und Therapie

Die Symptome von FOMO können leicht behandelt und gelindert werden. Eine langfristige Therapie, die zur Heilung führt, kann allerdings nur durch das Platzen der Blase erfolgen.
Behandlung der Symptome

  • Kaufen! Durch blindes Kaufen des FOMO-Cryptocoins können die Symptome gelindert werden. Aber Achtung: Der Effekt ist schnell verflogen!
  • Verkaufen! Alle Kryptowährungen verkaufen, Internetanschluss kündigen und in den Wald ziehen. Drastische Behandlung, aber mit 95 % Erfolgschance zur Heilung.
  • Informieren! Hat der FOMO-Coin langfristig einen Nutzen? Macht die Vision einen Sinn? Gibt es eine große Community? In vielen Fällen lassen sich die FOMO-Symptome durch ausgiebiges Informieren zumindest in Schach halten.
  • HODL! Die weitgehend annerkannteste und kampferprobteste Crypto-Behandlung.

FOMO – Das sagen Betroffene

DJ Coinmaster  38 Jahre, FOMO Endstadium

FOMO? Ja, habe ich! Und zwar verdammt viele! Sobald ich von einer neuen Kryptowährung, Coin, Token oder was auch immer höre, MUSS ich sie haben. Weiß ich, wie das technisch alles funktioniert? Kenne ich das Team, das hinter dem Coin steht? Verstehe ich überhaupt den Sinn des Tokens? Selbstverständlich nicht!

Aber ich muss sie haben. Sofort. Und viele davon! Und das sofort ist sehr wichtig. Jeden Coin, den ich aus Geldmangel oder der Inkompetenz von Coinbase oder einen dieser umständlichen FIAT* Börsen nicht direkt kaufen konnte, musste danach mit dickem Prozentaufschlag erworben werden. Sei es Ripple (20 Cent, nächster Tag: Zack 40 Cent) oder XRB (3,60 €, Boom 6€).

Wurde der Sofortkauf-Impuls anfangs meiner Kryptosucht nicht sofort befriedigt, sprangen die grünen Prozentzahlen in der Krypto-Top 100 App jedesmal so penetrant beim Runterscrollen ins Gesicht, dass mir keine Wahl blieb. Ich musste nachkaufen, bis der Tinitus im Auge wieder aufhört.
Auf die rhetorische Frage meiner Frau, ob ich weiß, was ich tue, gab es das Totschlagargument:

Hallooo? Das Logo ist eine RAKETE !!! Schon mal was von “to the moon”** gehört???!! Wie wollen wir da ohne Rakete hin ? Tztztz, Frauen…

=> Gekauft und geblockfoliot***. Bämm.

Aber die FOMOrei führt irgendwann natürlich zum nächsten Problem: Wieviel ist eigentlich Spielgeld? Die ganzen Kryptos müssen irgendwie auch bezahlt werden… Die Umschichtung des Portfolios würde faktisch einen Verkauf darstellen. Steuerrechtlich ist mir das egal. Aber einen Verkauf einer Krypto-Währung, ohne dass erwiesenermaßen der absolute, allerhöchste, Alltime-high-Höchststand ist? Niemals!
Zu tief sitz der Stachel der 2-Jahre zu-früh-verkauften-Bitcoins in den Anfängen dieses Psychospiels. Hätte mir damals doch jemand erklärt, was HODL**** ist!.
Das Problem wird dann einfach wieder mit einer anderen App gelöst: ebay-Kleinanzeigen. Nachdem die Wohnung nun wieder aufgeräumter ist und das Geburtsgeld unseres Sohns vernünftig in XLM weilt, kann ich mich wieder den philosophischen Fragen des Lebens widmen:
Wie komme ich aus diesem Fomo heraus? Hmmm, keine Ahnung. Aber wenn der Krypto-Zug irgendwann gegen die Wand fährt, sitze ich auf jeden Fall in der ersten Klasse und stehe nicht am Bahnhof.
DJ Coinmaster

Anmerkung der Redaktion:
* FIAT-Börse: Flaschenhals, der jeden schon zigtausende Euro durch Verzögerungen gekostet hat!
** to the moon: Schlachruf der Kryptojaner auf Twitter, Reddit und Co.
*** geblockfoliot: Verb von Blockfolio. App, auf der FOMO-Betroffene genauso lange runter scrollen können wie in Excel.
**** HODL: Schlachtruf der Kryptoveteranen nach Kurseinbruch

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Der Januar 2018 ist FOMO-Awareness Monat! Hilf dabei, Deine Angehörigen zu dieser heimtückischen Krankheit zu informieren und teile diesen Artikel auf Facebook, Twitter, ihren Whatsapp- und Anonyme-Cryptoholics-Gruppen.
Author: Rohmeo
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